Europas zweitgrößter Automobilkonzern hat im ersten Halbjahr schwächer abgeschnitten und milliardenschwere Verluste eingefahren. Eine Vielzahl von Herausforderungen setzt Stellantis und seinem neuen Chef zu. Investoren reagieren enttäuscht auf die Zahlen, die Papiere büßen zum Wochenstart ein
Die schwierigere Geschäftsentwicklung beim Mutterkonzern von Marken wie Fiat, Opel, Peugeot oder Maserati hält an. Nach einem Absatzrückgang von neun Prozent im Auftaktquartal lieferte der Konzern im abgelaufenen Jahresviertel voraussichtlich sechs Prozent weniger Fahrzeuge aus als im Vorjahreszeitraum. Das teilte Stellantis im Rahmen vorläufiger Halbjahresergebnisse mit.
Schwach lief es vor allem in Nordamerika, hier brachen die Verkäufe zum Vorjahr um 25 Prozent ein. Der wichtigste Markt Europa verzeichnete einen Rückgang um sechs Prozent. Zweistellige Zuwächse standen dagegen für die Regionen Mittlerer Osten & Afrika sowie Südamerika.
Milliardenschwerer Fehlbetrag
Demnach setzte der Konzern mit Sitz in den Niederlanden in den ersten sechs Monaten 74,3 Milliarden Euro um. Im Vorjahreszeitraum standen noch 85 Milliarden Euro zu Buche, Analysten hatten zudem im Schnitt rund 74,9 Milliarden Euro auf dem Zettel.
Deutlich gravierender: Im ersten Halbjahr fuhr Stellantis einen Nettoverlust von 2,3 Milliarden Euro ein. Analysten hatten dagegen erwartet, dass der Konzern zumindest einen kleinen Überschuss von 25 Millionen Euro erreicht. Im ersten Halbjahr 2024 stand noch ein Gewinn von 5,6 Milliarden Euro in den Büchern. Eine Gewinnwarnung braucht der Konzern derweil nicht ausgeben, da er sich von seiner Jahresprognose bereits Ende April aufgrund von Unsicherheiten durch Zölle verabschiedet hat.
Viele Herausforderungen
Das Management begründet das schwache Ergebnis vor allem mit Sondereffekten, die vor Steuern mit rund 3,3 Milliarden Euro durchschlugen. Dazu gehörten Aufwendungen für die Einstellung von Programmen. Jüngst gab Stellantis bekannt, sich aus der Entwicklung von Brennstoffzellen-Fahrzeugen zurückzuziehen.
Hinzu kamen Wertminderungen, Aufwendungen für die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben wie die CAFE-Regelung (Corporate Average Fuel Economy) zur Reduktion des Kraftstoffverbrauchs, sowie Umstrukturierungen. Außerdem verweist das Management auf höhere Industriekosten, einen ungünstigeren Mix beim Absatz, Wechselkurseffekte sowie Effekte aus den US-Zöllen, die sich mit etwa 300 Millionen Euro niedergeschlagen haben.
Aktie im Rückwärtsgang
An der Börse sorgten die Zahlen für wenig Begeisterung. Die Aktie, in den letzten Monaten bereits schwach gelaufen, verliert zum Wochenauftakt rund zwei Prozent. Auf Sicht eines Jahres haben die Papiere mehr als 55 Prozent im Wert eingebüßt. Analysten von JP Morgan schrieben, die Ergebnisse spiegelten die frühe Phase der Bemühungen wider, Gewinne und Performance zu verbessern.
Seit 23. Juni führt mit Antonio Filosa ein neuer Lenker den Konzern. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung wählten die Aktionäre den Italiener am Freitag auch zum Vorstandsmitglied. Erste Maßnahmen konnte der 52-Jährige nun offenbar schon anstoßen. Durch neue Produkte erwartet Stellantis zudem größere Verbesserungen für die zweite Jahreshälfte.
Fazit
Die Zahlen bieten wenig Positives, hinzu kommt weitere Unsicherheit bei der Zollpolitik der USA. Das endgültige Zahlenwerk soll es am 29. Juli geben.
Gleichzeitig sind die Erwartungen durch den Kursverlust gesunken. Der neue Chef hat gerade erst losgelegt, hat aber viel Arbeit vor sich. Bis sich wirkliche Fortschritte abzeichnen, warten Anleger erstmal ab. Von 35 beim Börsendienst Bloomberg gelisteten Analysten würden acht den Titel kaufen, 22 sprechen sich dafür aus, die Papiere zu halten, während fünf ein Verkaufsvotum vergeben haben.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Stellantis N.V..