Die Bundesregierung lehnt eine Commerzbank-Übernahme ab und will, dass das Institut eigenständig bleibt. Unicredit-Chef Andrea Orcel lässt sich davon nicht bremsen - und stellt Details seiner Strategie vor.
Die italienische Großbank hat im September 2024 eine Beteiligung an der Commerzbank erworben und strebt seitdem die Übernahme der zweitgrößten deutschen Bank an. Doch der Bund als größter Einzelaktionär mit einem Anteil von 12 Prozent lehnt das ab. Auch die neue Bundesregierung und Kanzler Friedrich Merz haben sich eindeutig gegen Unicredit positioniert.
Doch Andrea Orcel, der Chef der Mailänder Großbank, lässt sich nicht so leicht abschütteln. In einem Brief an die Bundesregierung forderte er jetzt Gespräche - auch mit Kanzler Friedrich Merz. Dabei verwies er darauf, dass Unicredit die deutsche Tochter Hypovereinsbank in 20 Jahren zur „effizientesten, profitabelsten und am besten kapitalisierten Bank" Deutschlands gemacht habe.
Daher biete sich die Chance, einen „neuen nationalen Champion" aufzubauen, der die deutsche Volkswirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere des deutschen Mittelstands stärke. Die Entscheidungsfindung und die Kreditvergabe werde dabei weiterhin von lokalen Teams und nach deutscher Regulierung laufen, versprach er. Die Wahl des Hauptquartiers in Deutschland liege im Ermessen der deutschen Regierung, versuchte Orcel seinen Vorschlag schmackhaft zu machen.
Der Unicredit-Chef stellte zudem eine schrittweise Integration der Commerzbank über mehrere Jahre in Aussicht. Die beiden Banken könnten zunächst unabhängig weiterarbeiten und hätten damit Zeit für die Ausarbeitung eines detaillierten Plans. Die Marken HVB und Commerzbank blieben zumindest während dieses Zeitraums bestehen, ergänzte er und deutete damit bereits Grundzüge der künftigen Markenpolitik in Deutschland an.
Am Ende ließ Orcel auch durchblicken, dass er den Druck noch erhöhen könne:
Als wichtiger Aktionär werde Unicredit alle seine mit der Commerzbank-Beteiligung verbundenen Rechte ausüben, „um seine Investition zu schützen". Insbesondere werde man beobachten, wie sich die Commerzbank entwickelt und ihre Strategie umsetzt. Unicredit hält derzeit rund 9,5 Prozent, kann aber ihre Beteiligung über Optionen auf knapp 30 Prozent ausweiten.
Sein Schlussplädoyer: „Wir Europäer brauchen diese Fusion, denn in Europa fehlt es an finanzieller Feuerkraft, um es mit den anderen großen Wirtschaftsblöcken aufzunehmen."
Fazit
Die Bundesregierung hat auf den Brief Orcels kühl reagiert: Der Unicredit-Chef solle sich mit seinem Gesprächswunsch an den Commerzbank-Vorstand wenden. Auch die Gewerkschaft Verdi, die ebenfalls einen Brief von Orcel erhalten hatte, lehnt eine Übernahme weiter ab, die im aktuellen Umfeld „gefährlich" sei. Orcel hat also weiter einen schweren Stand in Deutschland, aber seine Pläne nehmen inzwischen erste Konturen an, und ganz von der Hand zu weisen sind seine Argumente nicht.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank.