Der US-Halbleiterkonzern will auch anorganisch wachsen und setzt dafür auf eine milliardenschwere Übernahme in Großbritannien. Diese soll helfen, eine größere Rolle bei Chips für Rechenzentren einzunehmen. Die Börse zeigt sich zuversichtlich, die Anteilsscheine beider Unternehmen legen zu. 

Der Halbleiterhersteller aus Kalifornien hat sich mit Alphawave Semi, einem britischen Anbieter von Konnektivitätslösungen, auf eine Übernahme verständigt. Qualcomm will sich das Unternehmen zu 2,48 Dollar (2,17 Euro) pro Anteil einverleiben. Dies entsprach mehr als 20 Prozent Aufschlag auf dem Schlusskurs am vorangegangenen Handelstag. Inklusive Schulden hat die Transaktion einen Wert von 2,4 Milliarden US-Dollar. 

Verschiedene Möglichkeiten

Alphawave-Aktionären bieten sich mehrere Optionen: Sie können den Kaufpreis komplett in bar erhalten oder sich für eines der beiden Alternativ-Angebote entscheiden. Beim ersten erhalten Anteilseiger für jede Alphawave-Aktie dann 0,01662 Qualcomm-Papiere, die nach Abschluss der Transaktion neu ausgegeben werden. 

Dazu gibt es die Option, statt Aktien auch Wertpapiere zu erhalten, die die Möglichkeit einräumen, diese künftig in Aktien einzutauchen/umzuwandeln. Diese „Exchangeable Securities“ werden nicht börsennotiert. 

Nach Einschätzung der US-Bank JP Morgan entspricht der Kaufpreis „weitgehend der Bewertung vergleichbarer Unternehmen“. Das Management von Alphawave erachte die Offerte als „fair und angemessen“, teilte Qualcomm mit, und spreche sich entsprechend dafür aus. In den letzten Monaten hatte auch der Chipdesigner ARM ein Auge auf Alphawave geworfen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. 

Baustein für die Diversifizierung

Alphawave bietet vor allem Hochgeschwindigkeits-, Konnektivitäts- und Rechentechnologien an. Dazu zählen IP-Lösungen (Intellectual Property) für Konnektivitäts-Chips. Diese sorgen für eine schnellere und zuverlässigere Datenübertragung bei geringerem Stromverbrauch. 

Qualcomm erachtet die Technologien der Briten als passende Ergänzung seines Portfolios. „Die Akquisition soll die Expansion im Bereich Rechenzentren weiter beschleunigen und wichtige Ressourcen dafür bereitstellen“, teilte der Konzern mit. Die Kalifornier versuchen, sich unabhängiger vom Markt für Smartphone-Chips aufzustellen. 

Wir werden neue Wachstumschancen eröffnen, Innovationen vorantreiben und einen führenden Anbieter von KI-Rechen- und Konnektivitätslösungen schaffen.

Tony Pialis, CEO von Alphawave
Qualcomm (WKN: 883121)

Aktien im Plus

An der Börse kommt der Deal gut an. Die Papiere von Alphawave schossen gestern kräftig nach oben in den Bereich des Kaufpreises. Aktuell notieren die Papiere minimal darunter. Die Anteilsscheine von Qualcomm profitierten gestern ebenfalls von der Ankündigung und setzen ihre Aufwärtsbewegung heute fort.

Alphawave IP Group PLC (WKN: A3CPH7)

Qualcomm erwartet keine „wesentliche“ Reduzierung der Belegschaft bei Alphawave. Vorbehaltlich der Genehmigungen soll der Deal bis zum ersten Quartal 2026 abgeschlossen sein. Hier werden allerdings kaum Probleme erwartet. Dazu dürfte auch beitragen, dass Alphawave jüngst seine Beteiligung am Gemeinschaftsunternehmen WiseWave vollständig verkauft hat. 

Geduld gefragt

Analysten äußerten sich überwiegend optimistisch zu dem Deal. Bis Qualcomm dadurch bedeutende Markanteile bei Rechenzentrums-Lösungen gewinnen kann, ist aber wohl Geduld gefragt, auch durch den intensiven Wettbewerb. schrieb Bloomberg Intelligence. Experten von Loop Capital zeigten Verständnis für Qualcomms Vorstoß, warfen aber auch die Frage auf, warum das Unternehmen nicht einfach die Technologie von Alphawave lizensiert. Aufgrund der Größe sehen sie durch die Übernahme aber nur geringes Risiko für Qualcomm-Aktionäre. 

Fazit

Qualcomm erwirbt ein womöglich wichtiges Puzzleteil, um bei Lösungen für Rechenzentren eine Rolle zu spielen. Der Kaufpreis wird als akzeptabel angesehen. Bis der Konzern hier ordentliche Marktanteile gewinnt, kann es aber etwas dauern. Beim Börsendienst Bloomberg gibt es momentan 47 Einschätzungen zur Aktie. Bei einer Verkaufsempfehlung halten sich Kauf- und Halteempfehlungen etwa die Waage. Wer investiert ist, bleibt dabei. 

Bei Alphawave ist die Luft wohl raus. Die Aktie notiert nahe dem Kaufpreis. Da das Management die Offerte als angemessen bewertet, scheint eine Nachbesserung unwahrscheinlich. In den letzten Jahren lief die Aktie seitwärts. Längerfristige Anleger sitzen auf Verlusten: 2021 erfolgte der Börsengang zu umgerechnet 4,85 Euro je Anteil.