Der Hygieneartikel-Konzern Kimberly-Clark will sich den Konsumgüter-Hersteller Kenvue in einer milliardenschweren Transaktion einverleiben. Während sich die Parteien umfangreiche Synergien erhoffen, sorgt die Meldung für deutliche Kursausschläge bei beiden Aktien
Es soll eine große Fusion werden: Der US-Konzern Kimberly-Clark will den Konsumgüterhersteller Kenvue übernehmen, um ein Schwergewicht der Branche zu formen.
Wie Kimberly-Clark heute bekanntgab, will der Konzern daher alle ausstehenden Anteile an Kenvue erwerben. Dessen Aktionäre sollen dabei für jedes Papier 3,50 US-Dollar in bar sowie 0,14625 Aktien von Kimberly-Clark erhalten. Basierend auf dem Schlusskurs von Freitag läge die Kompensation damit bei rund 21 Dollar je Anteil.
Nach dem Zusammenschluss würden die Investoren von Kimberly-Clark etwa 54 Prozent des fusionierten Unternehmens halten, Kenvue-Anteilseigner entsprechend rund 46 Prozent.
Neue Heimat für Tylenol-Hersteller
Kimberly-Clark bietet eine Palette von Konsumgütern, vor allem im Bereich Hygiene. Dazu gehören Produkte aus den Bereichen Baby- und Kinderpflege, Damenhygiene, Blasenschwäche bei Erwachsenen, Toilettenpapier sowie Lösungen für Unternehmenskunden. Zu den Marken gehören unter anderem Kleenex, Cottonelle, Scott oder das Toilettenpapier von Hakle, wobei der Konzern die Markenrechte an letzterem in Deutschland verkauft hat.
Kenvue ist die vormalige Konsumgütersparte von Johnson & Johnson. 2023 spaltete der Pharmakonzern den Geschäftsbereich über ein Spin-Off ab und brachte es an die Börse. Zu den Marken von Kenvue gehören beispielsweise Listerine, Nicorette, Tylenol und Neutrogena.
49-Milliarden-Dollar-Transaktion
Inklusive Schulden beziffert Kimberly-Clark den Transaktionswert mit 48,7 Milliarden Dollar. In Summe zahlt der Konzern das 14,3-fache des bereinigten Ebitda von Kenvue der letzten zwölf Monate. Einschließlich erwarteter Synergieeffekte soll es etwa das 8,8-Fache sein.
Neben Barmitteln und neuen Schulden will der Konzern für die Finanzierung auch Erlöse aus der Veräußerung einer 51-prozentigen Beteiligung an seinem Geschäftsbereich „International Family Care and Professional“ verwenden. Vorbehaltlich regulatorischer Freigaben sowie der Zustimmung der Aktionäre soll die Transaktion im zweiten Halbjahr 2026 abgeschlossen werden.
Neues Schwergewicht
„Wir freuen uns sehr, zwei ikonische Unternehmen zusammenzuführen, um einen weltweit führenden Anbieter im Bereich Gesundheit und Wellness zu schaffen“, zeigte sich Mike Hsu, CEO von Kimberly-Clark, zufrieden. Er wird auch den zu fusionierenden Konzern leiten. Durch den Zusammenschluss entsteht ein Akteur, der im laufenden Jahr voraussichtlich etwa 32 Milliarden Dollar Umsatz sowie ein bereinigtes Ebitda von sieben Milliarden Dollar erzielen würde. Dazu besitzt der neue Konzern dann zehn Marken mit mindestens einer Milliarde Dollar Umsatz.
Die beiden Konzerne haben Potenzial für Kostensynergien von rund 1,9 Milliarden Dollar identifiziert. Diese sollen in den ersten drei Jahren nach Abschluss der Transaktion realisiert werden. Hinzu kommen Umsatzsynergien von 500 Millionen Dollar, die innerhalb von vier Jahren gehoben werden sollen, durch Reinvestitionen von etwa 300 Millionen Dollar aber wieder ein Stück weit aufgezerrt werden. Um die Synergien zu erzielen, plant Kimberly-Clark in den ersten beiden Jahren zunächst mit notwendigen Investitionen von 2,5 Milliarden Dollar.
Aktien mit Ausschlägen
An der Börse sorgt die Meldung für kräftige Bewegung: Papiere von Kimberly-Clark büßen rund 13 Prozent ein. Die Aktie des Dividendenkönigs notiert auf dem niedrigsten Stand seit 2018.
Analysten von RBC Capital Markets verwiesen derweil in einer Reaktion auf eine "bedeutende positive Diversifizierung" für Kimberly-Clark. Sie erwarten jedoch, dass das Papier erstmal seitwärts tendieren könnte, bis es mehr Klarheit zu jüngsten Schlagzeilen rund um Kenvue gibt sowie Anzeichen vorliegen, dass der Käufer das zuletzt schwächelnde Geschäft von Kenvue wieder auf Kurs bringen kann. US-Präsident Donald Trump hatte zuletzt ohne Beleg behauptet, die Einnahme des Paracetamol-Medikament Tylenol während der Schwangerschaft würde das Risiko für eine Autismus-Störung erhöhen.
Papiere von Kenvue steigen im Tradegate-Handel fast 20 Prozent. Neben der Nachricht über die angestrebte Fusion legte der Konzern heute auch seine Zahlen zum dritten Quartal vor. Organisch ging der Umsatz zum Vorjahr um 4,4 Prozent zurück und damit stärker als von Analysten erwartet. Der Nettogewinn verbesserte sich um einen auf 21 US-Cent je Papier. Dazu bekräftige Kenvue seine Jahresziele. Diese sehen einen Umsatzrückgang im niedrigen einstelligen Bereich vor.
Fazit
Analysten von Bloomberg Intelligence erachten eine aggressive Erhöhung der Investitionen bei Kenvue für notwendig, um die Umsätze wieder zu beleben. Dies belastet erstmal die Gewinne. Daher sehen es die Experten als gerechtfertigt an, dass der Kaufpreis mit dem rund 14-fachen bereinigten Ebitda unter dem Durchschnitt von vergleichbaren Transaktionen im Konsumgütersektor liegt.
Geht die Übernahme durch, endet für Kenvue ein kurzes und wenig ertragreiches Dasein als börsennotierter Konzern: Vor etwas mehr als zwei Jahren wurden die Papiere zu 22 Dollar pro Stück gelistet. Da die Kompensation für die Aktionäre auch vom Preis der Aktie von Kimberly-Clark abhängig ist, dürften die Anleger am Ende mit einem niedrigeren Preis als diesen 22 Dollar rausgehen.