Große Handelskonzerne erwägen offenbar die Einführung eigener Stablecoins und könnten so die bestehenden Akteure im Zahlungssystem teilweise umgehen. Die Pläne verunsichern Investoren, vor allem die Aktien der großen Kreditkartenkonzerne büßen vor dem Wochenende ein.
Handelskonzerne suchen offenbar eine Alternative zu Zahlungen mit Bargeld und Karten. Große Händler wie Walmart und Amazon erkunden dabei die Möglichkeit, eigene Stablecoins in den USA zu nutzen, berichtet das Wall Street Journal. So könnten die Konzerne Gebühren einsparen, die bei Kartenzahlungen anfallen.
Bei Stablecoins handelt es sich um Kryptowährungen, die an eine Referenz wie den US-Dollar gekoppelt werden. Der Preis soll dadurch stabil gehalten werden. Weil sie weniger volatil sind als viele Kryptowährungen, eigenen sie sich besser für Zahlungen.
Gesetzesentwurf in den USA
Ob und wie die Überlegungen fortgeführt werden, hängt auch am Gesetzesentwurf zum sogenannten „GENIUS Act“. Damit wollen die USA Richtlinien für Stablecoins schaffen, beispielsweise in Bezug auf Deckung mit Reserven. Emittenten mit einer Marktkapitalisierung von mehr als zehn Milliarden Dollar sollen der Aufsicht durch die Federal Reserve unterstellt werden.
Neben dem Online-Handelsgiganten und der umsatzstärksten Einzelhandelskette nennt das US-Medium auch das Online-Reisebüro Expedia sowie Fluglinien, die sich mit Stablecoins befassen. Die Konzerne erwägen dabei nicht nur die Ausgabe eigener, sondern auch die Nutzung externer Coins, berichteten die informierten Personen.
Das Kalkül für Unternehmen, Stablecoins zu nutzen, scheint logisch: Für die Händler fallen stetig Gebühren an, wenn Kunden mit Kredit- oder Debitkarten bezahlen. Dazu gehören beispielsweise die Interbankenentgelte, die von Kartensystemen wie Visa und Mastercard festgelegt werden. In den USA fallen diese nochmal höher aus als in Deutschland.
Auch bei oder Zahlungsmethoden wie Paypal geht ein Betrag an das abwickelnde Unternehmen.
Aktien geben ab
Investoren der Kreditkartenkonzerne reagieren entsprechend nervös: Die Papiere von Visa und Mastercard verlieren am Freitag in einem schwachen Marktumfeld rund fünf Prozent. Anteilsscheine von American Express büßen fast drei Prozent ein, bei Paypal geht es etwa vier Prozent zurück.
Frage der Akzeptanz
„Wir sehen ein potenzielles Risiko darin, dass diese Initiativen im Laufe der Zeit Druck auf die Interbankenentgelte ausüben könnten“, schrieb Sanjay Sakhrani. Er ist Analyst bei der Investmentbank KBW, Teil des Finanzdienstleisters Stifel. Bis zu einer möglichen, breiten Akzeptanz einer Stablecoin-Lösung erwartet er aber einen "langen, beschwerlichen Kampf". Es gebe nur begrenzte Anreize für die Nutzung eines solchen Netzes durch Verbraucher.
Fazit
Bei den Aktien der Kreditkartenunternehmen sorgen die Berichte heute für Verluste. Ob und wann die Handelskonzerne ihre Überlegungen intensivieren, zeichnet sich noch nicht ab. Mit Amazon und Walmart sind es aber direkt zwei Schwergewichte, die sich bei E-Commerce-Zahlungen unabhängiger von Dominanz und Gebühren von Visa und Mastercard machen wollen. Stablecoins bieten ihnen eine Möglichkeit, Zahlungen schneller und günstiger abzuwickeln. Ein rechtlicher Rahmen ist in den USA in der Entstehung. Allerdings müssen auch Kunden ein solches Zahlungssystem erstmal in der Breite akzeptieren. Wer bei Visa oder Mastercard investiert ist, bleibt dabei, sollte die Entwicklungen aber im Auge behalten.