Weniger Aufträge, sinkende Auslastung, Stellenabbau: Der Chemiebranche ging es schon mal besser. Derweil senken Analysten ihre Ziele für diverse Firmen.

Die deutsche Chemieindustrie steckt so tief in der Krise wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Diese Botschaft dürften Manager wie Covestro-Chef Markus Steilemann oder Wacker‑Chemie‑CEO Christian Hartel heute bei der Auftaktveranstaltung zur „Chemieagenda 2045“ Wirtschaftsministerin Katherina Reiche und Umweltminister Carsten Schneider deutlich machen.

Im Rahmen der im Koalitionsvertrag angekündigten Agenda will Berlin gemeinsam mit Ländern, Industrie und Gewerkschaften Rahmenbedingungen schaffen, um die Branche international wettbewerbsfähig aufzustellen.

Handlungsbedarf besteht zweifellos: Ein Auftragseingang, der 20 Prozent unter dem Vorkrisenniveau des Jahres 2021 liegt, der Verlust von 2400 Arbeitsplätzen sowie weitere absehbare Werksschließungen, so lautet das Resümee des Branchenverbands VCI für das Geschäftsjahr 2025.

In der Chemie seien die Produktionsanlagen nur noch zu 70 Prozent ausgelastet, ein historischer Tiefstand und weit entfernt von Rentabilität, wie der VCI betont.

„Die Industrie funkt SOS“, hatte Steilemann in seiner Funktion als VCI-Präsident bereits gestern erklärt. Das Jahr 2025 sei „erneut sehr schwierig“ gewesen, und der Blick nach vorn werde nicht rosiger. Der VCI rechnet im kommenden Jahr in der chemisch‑­pharmazeutischen Industrie insgesamt mit einer stagnierenden Produktion, während die reine Chemie voraussichtlich um ein Prozent schrumpfen wird. Da die Preise weiter nachgeben und die Auslastung kaum steigt, dürfte der Umsatz sowohl im Inland als auch im Export um rund zwei Prozent zurückgehen.

Als größte Herausforderungen benennt der VCI hohe Produktions- und Energiekosten, unsichere Regulierung und lange Genehmigungsverfahren. Bürokratie, steigende Emissions- und Rohstoffpreise sowie ein starker Euro belasten zusätzlich. International machen den Herstellern unter anderem chinesische Überkapazitäten und US‑Zölle das Leben schwer.

Die Schwierigkeiten lassen sich in den Kursen der wichtigsten Branchenvertreter ablesen: Auf Jahressicht stehen Evonik, Lanxess und Fuchs deutlich unter Druck. Dass es beim Kunststoff-Spezialisten Covestro zu einem kleinen Plus reicht, ist der Übernahme durch XRG (ehemals Adnoc) aus den Vereinigten Arabischen Emiraten geschuldet. Der Öl- und Gaskonzern kommt für 62 Euro je Covestro-Aktie zum Zuge, nachdem gestern die Wettbewerbshüter grünes Licht für den Deal gaben.

Nicht nur deutsche Konzerne haben Probleme: Der europäische Branchenindex Stoxx Europe 600 Chemicals hat in diesem Jahr über acht Prozent eingebüßt. Derweil sind Analysten zurückhaltend. Citigroup senkte zuletzt Kursziele für Evonik, Lanxess und Wacker Chemie, während BASF den Experten für 2026 als aussichtsreichster Chemiewert gilt.

Metzler sieht den Schmierstoffhersteller Fuchs als Top‑Pick für 2026. Das Bankhaus bestätigte zudem die Kaufempfehlung für den Aromen-­Spezialisten Symrise, stufte aber BASF und Lanxess von „Kaufen“ auf „Halten“ ab, jeweils mit gesenkten Kurzsielen.

BASF (WKN: BASF11)

Fazit

Unter den deutschen Chemie-Werten hat sich BASG vergleichsweise gut gehalten. Dennoch drängt sich ein Einstieg derzeit nicht auf. 

Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: BASF.