Europaweit rollt eine mächtige Banken-Fusionswelle heran: In Spanien hat BBVA die Offerte für Sabadell erhöht. Die belgische KBC prüft angeblich ein Gebot für ABN Amro. Und in Italien ist der MPS-Mediobanca-Deal bereits besiegelt. Was bedeutet das für eine mögliche Commerzbank-Übernahme?

Der lange beschworene Konsolidierungsprozess unter den europäischen Geldhäusern nimmt derzeit kräftig Fahrt auf. Immer wieder haben nicht zuletzt die Bankenaufseher der EZB einen solchen Prozess gefordert, um größere und leistungsfähigere Geldhäuser zu schaffen, die im globalen Wettbewerb bestehen können.

Wie die vom Staat gerettete italienische Traditionsbank Banca Monte dei Paschi di Siena (MPS) heute mitgeteilt hat, hat sie mit ihrer Offerte für die Mailänder Investmentbank Mediobanca eine Anteil von 86,3 Prozent erreicht und damit ihre eigenen Erwartungen übertroffen. MPS muss nun entscheiden, ob sie an der Börsennotierung von Mediobanca festhält oder eine Fusion anstrebt. Auf der Hauptversammlung am 28. Oktober soll auch ein neuer Vorstandschef ernannt werden.

Wesentlich zäher verläuft bislang die geplante Übernahme der Banco Sabadell durch die BBVA. Die zweitgrößte spanische Bank BBVA hat ihre Offerte zu Wochenbeginn um rund zehn Prozent erhöht. Sabadell mit Sitz in Katalonien wird dabei mit rund 17 Milliarden Euro bewertet. Das Sabadell-Management lehnt die als feindlich eingestufte Übernahme bislang ab. Auch die Regierung in Madrid bremst mit hohen Auflagen. BBVA will mit der Transaktion einen neuen Bankenriesen mit über einer Billion Euro Bilanzsumme schaffen.

Unterdessen lotet die belgische Bank KBC eine Übernahme der teilstaatlichen niederländischen Konkurrentin ABN Amro aus. Laut Nachrichtenagentur Bloomberg seien die Pläne noch in einem frühen Stadium. Auch bei KBC selbst sei man sich noch nicht einig. Die Aktien von ABN Amro legten nach Bekanntwerden deutlich zu, bevor sie vom Handel ausgesetzt wurden. ABN Amro hat einen Börsenwert von 22 Milliarden Euro, KBC liegt bei 41 Milliarden Euro.

Fazit

Die Konsolidierungswelle unter den europäischen Banken nimmt Fahrt auf, auch wenn sich die einzelnen Transaktionen stark unterscheiden und unterschiedlich erfolgversprechend sind. Die aktuellen Fusionen in Spanien, Belgien/Niederlande und in Italien zeigen, dass in Europa gerade ein starker Druck herrscht, im Bankensektor Größe, Effizienz und Wettbewerbskraft zu gewinnen. Das erhöht zweifellos auch den Druck auf Unicredit, die Übernahme der Commerzbank voranzutreiben. Gleichzeitig zeigen die Beispiele auch, wie langwierig, komplex und politisch umstritten diese Prozesse sind. Für die Commerzbank heißt das: Das Szenario eines Übernahmeangebots von Unicredit für die Commerzbank dürfte derzeit in etwa genauso hoch sein wie das eines Abbruchs unter Beibehaltung der Beteiligung oder das eines kompletten Rückzugs von Unicredit.


Commerzbank (WKN: CBK100)

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