Die italienische Großbank Unicredit hat im dritten Quartal ein überraschend starkes operatives Ergebnis vorgelegt. Konzernchef Andrea Orcel sieht sich auf Kurs zum Jahresziel von 10,5 Milliarden Euro. Die Commerzbank-Beteiligung von knapp 30 Prozent soll nicht weiter erhöht werden. „Wir sind derzeit entschlossen, unterhalb der vollständigen Übernahmeschwelle zu bleiben", sagte Orcel gegenüber Analysten.
Der Nettogewinn stieg im dritten Quartal um knapp fünf Prozent auf 2,6 Milliarden Euro. Dass das Jahresgewinnziel nicht angehoben wurde - wie von Analysten teilweise erwartet worden war - belastete am Mittwoch die Unicredit-Aktie, die zeitweise über zwei Prozent im Minus lag. „Unicredit hat erneut Rekordergebnisse erzielt: Der Nettoumsatz stieg gegenüber dem Vorjahr um 1,2 Prozent, die Kosten sanken um 0,1 Prozent, während wir unser erweitertes Geschäft integriert haben", wird Unicredit-Chef Orcel in der Pressemitteilung zitiert. „Der Nettogewinn stieg auf 2,6 Milliarden Euro, was einer Eigenkapitalrendite (ROTE) von 19,1 Prozententspricht, und unsere Kernkapitalquote (CET1) lag dank einer starken organischen Kapitalgenerierung bei 14,8 Prozent. Wir bestätigen unsere Prognose für den Nettogewinn 2025 von rund 10,5 Milliarden Euro und sind auf dem besten Weg, unser bisher bestes Jahr zu erzielen."
Die Erträge kletterten um 1,2 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro. Das Zinsergebnis war leicht rückläufig. Vor allem das Handelsgeschäft lief rund. Die Kosten blieben nahezu stabil. „Wir bleiben trotz des makroökonomischen Gegenwinds zuversichtlich für 2026 und 2027", heißt es im Zwischenbericht weiter. Die Bank verfüge nicht nur über ein starkes operatives Wachstum. „Wir werden den Nettogewinn auch durch die Internalisierung des Lebensversicherungsgeschäfts in Italien und die Kapitalkonsolidierung der Commerzbank und der Alpha Bank6 steigern."
Die Commerzbank veröffentlicht am 6. November ihre Quartalszahlen. Analysten rechnen hier ebenfalls mit insgesamt soliden Ergebnissen. Neue Kurstreiber seien allerdings nicht zu erwarten. Auch die geplante Übernahme durch die Unicredit steckt momentan fest. Zwar hat sich Unicredit eine demnächst konsolidierte Beteiligung von knapp 30 Prozent gesichert und steht damit auch unmittelbar an der Schwelle zu einem Übernahmeangebot. Doch sowohl das Commerzbank-Management als auch der Bund als zweiter Hauptaktionär pochen weiterhin auf Unabhängigkeit.
Orcel: „Wir werden unterhalb der Übernahmeschwelle bleiben"
Angesichts des Widerstands zeigte sich Unicredit-Chef Orcel bei der Vorlage der Quartalszahlen frustriert: „Jeder sagt, wir brauchen eine europäische Bankenunion, aber niemand tut etwas". Künftig werde man Fusionen und Übernahmen „nicht mehr für die einzige Lösung halten". Man sei sehr glücklich, wenn man sich dieses Thema nicht wieder anschauen müsse. Die Beteiligung an der Commerzbank von zuletzt 26 Prozent direkt und drei Prozent über Finanzinstrumente werde man nicht weiter erhöhen. „Wir sind derzeit entschlossen, unterhalb der vollständigen Übernahmesschwelle zu bleiben." Man sehe sich auch ohne große Übernahmen für die Zukunft gerüstet. Die griechische Alpha-Bank, an der Unicredit inzwischen mit 26 Prozent beteiligt ist, stellte Orcel als positives Beispiel heraus. In Griechenland sei man willkommen, die Alpha-Bank sei ausgesprochen kooperationsbereit, weshalb bald erhebliche Synergieeffekte erzielt würden, sagte der Unicredit-Chef. „Griechenland empfängt ausländische Investoren mit offenen Armen."
Fazit
Unicredit hat erneut ein solides Quartal vorgelegt. Laut den Analysten von JP Morgan geht das überraschend gute operative Nettoergebnis auf höhere Handelserträge, niedrigere Kosten und geringere Rückstellungen zurück. Profitabilität und Ausschüttung könnten sich weiter positiv entwickeln. Dazu sei die Unicredit-Aktie immer noch attraktiv bewertet. JP Morgan empfiehlt die Unicredit-Aktie zum Kauf bei einem Kursziel von 78 Euro.
Was die Commerzbank angeht, so lässt sich Unicredit-Chef Orcel nicht wirklich in die Karten blicken. Manche Beobachter interpretieren die derzeitige Zurückhaltung mit Blick auf die Schwelle zu einem Übernahmeangebot auch als Teil einer Salamitaktik. Orcel setze auf Zeit und darauf, dass das Commerzbank-Management und die Bundesregierung am Ende doch einlenkten und einer Übernahme zustimmten.