Die EU-Kommission hat eine formelle Untersuchung gegen Europas größten Softwarekonzern eingeleitet. Grund sind offenbar Geschäftspraktiken der Walldorfer. SAP will die Angelegenheit ernst nehmen, sieht sich aber im Recht. Die Anteilsscheine büßen derweil ein. 

Die Europäische Kommission nimmt das Vorgehen von SAP genauer unter die Lupe. Eine wettbewerbsrechtliche Untersuchung soll prüfen, ob der Konzern den Wettbewerb für Wartungs- und Supportleistungen beeinträchtigt hat. Im Fokus stehen offenbar Praktiken bei ERP-Software (Enterprise Resource Planning) des Konzerns, genutzt von zahlreichen Firmen für verschiedenste unternehmerische Prozesse und Abläufe. 

Als klassisches Modell bietet SAP das ERP-System "on-premise" an, es wird also bei den Unternehmen vor Ort installiert. Dabei fallen jährliche Kosten für Support und Updates an. Die Software kann aber beispielsweise auch cloudbasiert bezogen werden. 

Marktstellung ausgenutzt?

Die Behörden wollen untersuchen, inwieweit SAP seine dominante Marktstellung ausgenutzt hat, indem seine Praktiken die Kunden daran hindern, andere Anbieter zu wählen, die die Wartungs- und Supportdienste zu niedrigeren Preisen anbieten.  

„Wir befürchten, dass SAP den Wettbewerb in diesem wichtigen Aftermarket eingeschränkt haben könnte, indem es den Konkurrenten den Wettbewerb erschwert hat, wodurch europäische Kunden weniger Auswahlmöglichkeiten und höhere Kosten haben“, zitierte der Börsendienst Bloomberg die Wettbewerbs-Kommissarin Teresa Ribera.

Wohl keine finanziellen Auswirkungen

Die Walldorfer bestätigten die Untersuchung, verweisen jedoch auf „langjährige Standards, die in der globalen Softwarebranche üblich sind“. Der DAX-Konzern teilte mit, dass seine „Richtlinien und Maßnahmen vollständig im Einklang mit den Wettbewerbsregeln stehen“. 

SAP will die Untersuchung erst nehmen, erwartet aus dem Verfahren aber keine wesentlichen Auswirkungen auf finanzielle Entwicklungen. In einer Mitteilung heißt es: „Wir vertrauen darauf, dass die Europäische Kommission eine schnelle und faire Beendigung dieses Verfahrens anstreben wird“.

SAP (WKN: 716460)

Aktie verliert leicht

Bei Investoren löste die Nachricht der Untersuchung dennoch zumindest leichte Nervosität aus. Im Xetra-Handel verliert das Papier von Deutschland wertvollstem Börsenkonzern rund zwei Prozent. Seit dem Rekordhoch im Februar büßten die Papiere etwa 20 Prozent im Wert ein. 

Gestern hat der Konzern zudem eine Partnerschaft mit OpenAI bekanntgegeben, dem Entwickler von ChatGPT. Dabei werden die Expertise von SAP im Enterprise-Geschäft und die Technologie von OpenAI bei Künstlicher Intelligenz (KI) gebündelt. Dadurch soll es dem öffentlichen Sektor in Deutschland ermöglicht werden, KI sicher und verantwortungsvoll zu nutzen. 

Fazit

Die Untersuchung kommt erwartungsgemäß heute nicht gut an, wird nach Einschätzung von SAP aber keine entscheidenden finanziellen Auswirkungen mit sich bringen. Es ist zu erwarten, dass der Konzern Zusagen macht, um Bedenken aus dem Weg zu räumen. 

Die Aktie kam von ihrem hohen Niveau zuletzt wieder zurück. Neue Impulse dürfte es spätestens mit den Zahlen zum dritten Quartal geben, die SAP am 22. Oktober vorlegen will.