In Spanien ist die derzeit größte Bankenfusion Europas geplatzt. Die zweitgrößte Bank des Landes, BBVA, wollte sich mit der viertgrößten Sabadell zu einem Bankenriesen mit über einer Billion Euro Bilanzsumme zusammenschließen.
Doch nur 25,5 Prozent der Sabadell-Aktionäre haben die Offerte der BBVA angenommen, wie die spanische Bankenaufsicht CNMV jetzt mitteilte. Für eine Fortsetzung des Projekts wären mindestens 30 Prozent erforderlich gewesen. Durch den Zusammenschluss der Madrider Großbank und des katalanischen Instituts wäre nicht nur eine neue europäische Großbank entstanden. Auch der Konsolidierungsprozess unter den europäischen Geldhäusern wäre einen entscheidenden Schritt vorangekommen.
Reaktion der Börse auf das Scheitern
Die BBVA-Aktie schoss am Freitag Vormittag rund neun Prozent nach oben, während Sabadell rund sechs Prozent im Minus lag. Unter Druck gerieten auch die Titel der Commerzbank mit minus vier Prozent und von Unicredit mit minus zwei Prozent. Hier spielen aber vor allem Sorgen vor einer neuen Regionalbankenkrise in den USA eine Rolle, die am Vortag bereits die Wall Street belastet hatten. Zwei kleinere Institute hatten Probleme mit Krediten bekanntgegeben. Der europäische Bankenindex Stoxx Europe 600 Banks lag am Freitag Vormittag über zwei Prozent im Minus und war damit schwächster Sektor in Europa. Der DAX sackte über zwei Prozent ab, weil Anleger einen neuen potenziellen Krisenauslöser befürchten. Deutsche Bank rutschten mit minus fünf Prozent ans DAX-Ende.
Das BBVA-Sabadell-Vorhaben stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Sabadell hat sich gegen die Offerte heftig gewehrt und sowohl das erste wie das zweite Angebot als zu niedrig zurückgewiesen. Zudem wurden starke Personaleinschnitte und Filialschließungen befürchtet. Die Fusion war auch politisch äußerst umstritten.
Die spanischen Behörden genehmigten das Vorhaben nur unter der Auflage, dass Sabadell weiterhin Eigenständigkeit zugesichert werde und das Filialnetz erhalten bleibe. Dadurch wurde der Zusammenschluss auch für BBVA weniger attraktiv. Das Institut lenkt die freiwerdenden Mittel jetzt in ein milliardenschweres Aktienrückkaufprogramm. BBVA war bereits vor einigen Jahren mit dem Versuch gescheitert, Sabadell zu übernehmen.
Vergleich mit der geplanten Übernahme der Commerzbank durch Unicredit
Die BBVA-Sabadell-Übernahme war schon wesentlich weiter gediehen als die Commerzbank-Übernahme. Es hat zwei konkrete Übernahmeangebote gegeben, außerdem hat der Staat das Projekt unter Auflagen genehmigt. Commerzbank-Management, Belegschaft und mit dem Bund auch der zweite Großaktionär lehnen die Übernahme durch Unicredit weiterhin kategorisch ab. Eine Offerte liegt auch noch nicht vor.
Fazit
Erneut ist eine Bankenfusion in Europa nicht zuletzt an politischen Hürden gescheitert. Das zeigt einmal mehr, dass es noch ein weiter Weg ist, bis die Bankenkonsolidierung in Europa auf Touren kommt. Tatsache ist aber auch, dass viele europäische Großbanken ihre Rentabilität und Performance in den vergangenen Jahren selbst in der aktuellen Marktstruktur deutlich verbessern konnten. Dadurch steht zwar auch viel Geld für Fusionsprojekte zur Verfügung. Gleichzeitig sinkt aber auch der Druck zu komplizierten und teuren Fusionen. die meist auch politisch umstritten sind. Auch bei der geplanten Übernahme der Commerzbank steckt die italienische Unicredit derzeit in einer Sackgasse, obwohl sie mit einer Beteiligung von fast 30 Prozent unmittelbar vor einem Übernahmeangebot steht.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank.