Während alle Welt auf ein Übernahmeangebot von Unicredit spekuliert, hat die Commerzbank am Mittwoch ihre Quartalszahlen vorgelegt. Die Jahresgewinnprognose wurde leicht angehoben, die Bank peilt nun ein Nettoergebnis von 2,9 (zuvor: 2,8) Milliarden Euro an. Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp äußert sich zur Situation mit Unicredit.
„Wir haben im ersten Halbjahr das beste operative Ergebnis in der Geschichte der Commerzbank erzielt und kommen mit unserer Transformation schnell voran", kommentierte Orlopp den Quartalsbericht. Finanzvorstand Carsten Schmitt ergänzte, das starke Wachstum des Provisionsüberschusses untermauere die operative Stärke der Bank. Deshalb habe man auch das Gewinnziel angehoben.
Orlopp äußerte sich auch zur Situation im Übernahmekampf mit der italienischen Großbank Unicredit. Die Situation mit dem neuen Großaktionär Unicredit sei „schwierig“ und „nicht ideal“. Schließlich sei Unicredit auch ein Wettbewerber der Commerzbank im deutschen Markt. „Wir schaffen Wert für alle unsere Anteilseigner, das schließt unseren neuen größten Aktionär mit ein“, sagte Orlopp. „Die aktuelle Situation ist dennoch, gelinde gesagt, nicht ideal“.
In den vergangenen Monaten hatte Orlopp immer wieder die unternehmerische Unabhängigkeit der Bank betont. Mit einer Ausschüttungsquote von 100 Prozent und weiter steigender Kapitalrückgabe an die Aktionäre versucht die Bank, die Aktionäre von einem Verkauf ihrer Anteile an Unicredit abzubringen.
Zuletzt hatten Spekulationen über ein bevorstehendes Übernahmeangebot von Unicredit den Aktienkurs der Commerzbank weiter angetrieben. Belastbare Hinweise dafür hat es allerdings nicht gegeben. Unicredit ist mit einem Anteil von gut 20 Prozent inzwischen größter Aktionär der Bank vor dem Bund, der noch zwölf Prozent hält und eine Übernahme ablehnt.
Orlopp zufolge könne es im Zuge des Interesses von Unicredit an einer Übernahme im Vorfeld keine informellen Gespräche beider Institute „mit einem weißen Blatt Papier auf dem Tisch" geben, betonte Orlopp: „Wir haben die Situation, dass der eine schon ziemlich weit gegangen ist und deutliche Anteile aufgebaut hat." Daher habe die Commerzbank wiederholt gesagt, "dass wir dann natürlich auch Vorschläge erwarten, was sich der andere denn so vorstellt. Und wir haben auch immer gesagt, dass wir diese Vorschläge dann absolut ergebnisoffen prüfen würden", sagte Orlopp.
Im zweiten Quartal kletterte der operative Gewinn um ein Drittel auf 1,17 Milliarden Euro. Aufgrund von Restrukturierungskosten ging der Nettogewinn um 14 Prozent auf 462 Millionen Euro zurück - deutlich weniger stark als von Analysten erwartet. Der Provisionsüberschuss legte zu, der Zinsüberschuss ging zurück, aber ebenfalls nicht so stark wie befürchtet. Die Cost-Income-Ratio, eine Kennziffer der Kosteneffizienz einer Bank, konnte um drei Prozentpunkte auf 56 Prozent gesenkt werden und liegt damit bereits unter dem Zielwert von 57 Prozent.
Fazit
Gewinnmitnahmen hatten am Dienstag zu einem Kursrückgang bei der Commerzbank-Aktie von fast sechs Prozent geführt, nachdem die Aktie zuletzt stark zugelegt hatte. Auf die Quartalszahlen reagierte die Aktie am Mittwoch Vormittag zunächst positiv, drehte dann aber ins Minus. In den vergangenen zwölf Monaten war der Aktienkurs rund 150 Prozent geklettert, angetrieben von Fusionsfantasie und den Akquisitionsplänen von Unicredit-Chef Andrea Orcel. Einige Analysten warnen aber bereits davor, dass das Kurspotenzial allmählich ausgereizt sei.
Von 21 Analysten empfehlen derzeit laut Finanzdienst Bloomberg neun die Commerzbank-Aktie zum Kauf, zehn empfehlen Halten, und zwei raten zum Verkauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt mit 28,52 Euro neun Prozent unter dem aktuellen Kurs. Die US-Bank JP Morgan bestätigte nach den Zahlen ihre Kaufempfehlung für die Commerzbank-Aktie bei einem Kursziel von 27 Euro. Die Geschäftsentwicklung der Bank sei „stark", das nach oben geschraubte Gewinnziel entspreche „im Großen und Ganzen" der Konsenserwartung.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank AG.