Erstmals trat Unicredit-Chef Andrea Orcel heute beim Bankengipfel des „Handelsblatts" in Frankfurt auf. Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp skizzierte bereits am Vortag ihre Strategie - und stellte ihrerseits Zukäufe in Aussicht. In einer Sache waren sich beide einig: Es sind die Aktionäre, die jetzt das Heft in der Hand haben.

Die Entscheidung, wie es mit der Übernahme weitergehe, liege nicht in ihrer Hand, sondern in der Hand der Aktionäre, sagte Orlopp auf dem Branchentreffen. Es liege auch nicht an ihr, zu verhindern, dass die italienische Großbank Unicredit, die die Commerzbank-Übernahme anstrebt, Vertreter in den Aufsichtsrat der deutschen Großbank entsendet. Wenn jedoch ein Wettbewerber einmal Sitz und Stimme in dem Gremium habe, werde dort die Arbeit mit Sicherheit schwieriger werden, fügte sie kritisch an. Die bestehenden Interessenkonflikte würden sich dann noch verschärfen.„Aufsichtsräte müssen jedoch unabhängig sein." 

Dann kündigte Orlopp an, dass die Commerzbank selbst Zukäufe ins Auge fassen wolle. „Wir schauen uns immer wieder etwas an", sagte sie wörtlich. Die potenziellen Übernahmeziele müssten allerdings auch in die Strategie passen, und die Integration dürfe nicht zu viel IT-Kapazitäten bündeln, die für Zukunftsthemen wie Künstliche Intelligenz gebraucht würden. Branchenkenner glauben, dass die Commerzbank aufgrund ihres deutlich gestiegenen Börsenwerts sogar größere Übernahmeziele ins Auge fassen könnte. Sollte bei einer Transaktion eine Kapitalerhöhung nötig werden, könnte Unicredit die Pläne auf der Hauptversammlung allerdings torpedieren.

Unicredit-Chef Orcel erläuterte am Donnerstag seine Pläne für die Übernahme. Bis zum Jahresende wollle man einen Anteil von rund 30 Prozent an der Bank halten, sagte er. Zuletzt hatte die Bank ihre Beteiligung auf 26 Prozent erhöht, verfügt aber noch über Finanzinstrumente, um weiter aufzustocken. Ab einer Quote von 30 Prozent ist ein Übernahmeangebot an die anderen Aktionäre erforderlich. Orcel erläuterte die Strategie. „Für uns geht es um mehr Erträge. Wir werden das Filialnetz nicht antasten, wir werden in das Netz investieren", sagte der Manager laut der Nachrichtenagentur dpa-afx. „Ich denke, dass in der Zentrale eine große Zahl Arbeitsplätze wegfallen würde, aber weitaus weniger als herumerzählt wurde."

Ob und wann Unicredit ein Angebot vorlegen könnte, ließ Orcel offen. Letztlich sei ein Zusammenschluss „eine Frage, die die Aktionäre entscheiden müssen, und eine Frage für den Vorstand und die Teams". Der Unicredit-Chef deutete zudem an, den Bund als zweitgrößten Aktionär der Commerzbank besser in seine Pläne einzubinden. Man sei über jeden konstruktiven Dialog froh, erklärte er. In den vergangenen Monaten hatte Orcel die Bundesregierung mit seinen Anteilsaufstockungen bei der Commerzbank mehrfach überrascht und gegen sich aufgebracht.  

Fazit

Mit seinem Auftritt in Frankfurt bezieht Unicredit-Chef Andrea Orcel Stellung direkt vor der Haustür seines umworbenen Übernahmeziels. Das zeigt ihm allerdings weiter die kalte Schulter. Commerzbank-Chefin Orlopp gibt sich weiter gelassen. „So richtig passiert im Moment nichts", sagte sie auf dem Gipfel. Allerdings ist ihr auch klar: Sobald Unicredit die 30-Prozent-Marke bei der Commerzbank überschreitet, wird sie keine ruhige Minute mehr haben. Sollte Unicredit dann auch noch in den Aufsichtsrat einziehen, wäre das für die Commerzbank in ihrem Abwehrkampf ein Nachteil, denn die Italiener hätten dann auch Zugang zu internen Informationen der Commerzbank. 


Commerzbank (WKN: CBK100)

Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank.