Heute werden die mit Spannung erwarteten Protokolle aus der jüngsten Fed-Sitzung vor drei Wochen veröffentlicht. Kurz zuvor haben führende Vertreter der US-Notenbank vor überzogenen Erwartungen an rasche Zinssenkungen gewarnt. Ex-Fed-Chefin Yellen sorgt unterdessen in Frankfurt mit einer Forderung an europäische Banken für Wirbel.

Fed-Direktoriumsmitglied Christopher Waller hat einen Tag vor Veröffentlichung der Protokolle aus der vergangenen Zinssitzung vom 1. Mai darauf hingewiesen, dass der US-Arbeitsmarkt immer noch in sehr guter Verfassung sei und gleichzeitig das Inflationsrisiko hoch bleibe. Erst nach einigen weiteren Monaten mit guten Inflationsdaten würde er sich mit einer geldpolitischen Lockerung wohlfühlen, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Reuters.

Im April war die US-Inflationsrate auf 3,4 (März: 3,5) Prozent zurückgegangen, ist damit aber immer noch weit vom Inflationsziel der Notenbanker von zwei Prozent entfernt. Waller sagte, die Notenbank mache Fortschritte auf dem Weg zu diesem Ziel. Deshalb sei eine weitere geldpolitische Straffung, also eine Zinsanhebung, wohl nicht mehr nötig. Auch Fed-Direktor Raphael Bostic (Bezirk Atlanta) warnte vor übereilten Zinssenkungen. Man müsse den ersten Schritt nach unten womöglich später machen, sagte er. Die US-Börsen waren am Dienstag nur mit angezogener Handbremse unterwegs. Der DAX schloss 0,2 Prozent im Minus.

Unterdessen hat US-Finanzministerin Janet Yellen, frühere Fed-Chefin, die europäischen Banken aufgefordert, Schlupflöcher zur Umgehung der Russland-Sanktionen so schnell wie möglich zu schließen. Russland sei weiter in der Lage, kriegswichtige Güter zu beschaffen, sagte sie in Frankfurt bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Frankfurt School of Finance.

Außerdem forderte sie einen abgestimmten Plan, um das in Europa eingefrorene russische Vermögen von rund 300 Milliarden Euro für Ukraine-Hilfen zu nutzen. Derzeit wird darüber diskutiert, die Zinserträge aus dem Vermögen für Waffenkäufe für die Ukraine zu nutzen. Finanzkreisen zufolge könnten 2024 auf diesem Weg rund drei Milliarden Euro für Ukraine-Hilfen mobilisiert werden.

Fazit

Laut Fedwatch-Tool der US-Terminbörse CME rechnen derzeit fast 100 Prozent der Marktteilnehmer damit, dass die Fed auf ihre kommenden Sitzung 12. Juni die Zinsen nochmal konstant hält. Für Juli wird die Wahrscheinlichkeit einer ersten Zinssenkung auf 20 Prozent taxiert, gegenüber 80 Prozent für konstante Zinsen. Bei der Prognose für die Sitzung am 18. September liegt die Wahrscheinlichkeit einer Senkung bei 60 Prozent gegenüber 40 Prozent.